Seite 1 von 2

Gibt es stärkere Basen als Natronlauge?

Verfasst: 17.01. 2006 21:39
von shorty
Während des Chemieunterrichtes (LK-Jg 12) hab ich eine Titrationskurve von Phosphorsäure wie folgt kommentiert.
"Ein dritter Äquivalenzpunkt ist nicht zu erkennen, da dieser erst bei einem pH-Wert der Lösung von 12.3... zu erkennen wäre. Da die Natronlauge mit der titriert wurde nicht stark genug alkalisch reagiert ist kein dritter Äquivalenzpunkt von Phosphorsäure zu erkennen."
Meine Lehrerin erwiderte daraufhin, dass sie nichts stärkeres als Natronlauge kenne, ich aber dennoch mak recherchieren solle, ob es nicht doch stärkere Basen gäbe.
Kann ja durchaus sein, dass meine Auswertung nicht ganz korrekt ist, bin aber der festen Überzeugung, dass es etwas stärkeres als Natronlauge geben muss. Meiner Meinung nach gibt es in der Wissenschafft kein "Gibt´s nicht oder Geht nicht".
Kann mir einer von euch da vielleicht weiter helfen? Wenn ihr mir eine Quelle dazu liefern könntet wäre das doppelt schön.

Danke schon mal im Vorraus. (Rechtschreibung interressiert mich nicht)

Re: Gibt es stärkere Basen als Natronlauge?

Verfasst: 18.01. 2006 01:12
von AV
shorty hat geschrieben: Meine Lehrerin erwiderte daraufhin, dass sie nichts stärkeres als Natronlauge kenne,
Wo wir wieder beim alten Thema wären .. :wink:

Der Wissensstand Deiner Lehrkraft ist leider etwas bedenklich!
Es gibt diverse Basen, die stärker sind, als Natronlauge. Allein bei den Metallhydroxiden wäre da z.B. LiOH ...
Dann käme da noch die grosse Gruppe der Amide (nicht die organische Funktionelle Gruppe, sondern das Anion des Ammoniaks NH2-)
oder der Hydride (H-). Beide Gruppen sind deutlich basischer als Hydroxidbasen.
In der organischen Palette schwirrt auch einiges, das stärker ist, als NaOH ... z.B. LDA (Lithiumdiisopropylamid) oder n-BuLi (n-Butyllithium)

Dass Du den dritten Äquivalenzpunkt nicht erreichst liegt aber nicht einfach an der NaOH selber, sondern vielmehr an der Konzentration.

Ich nehme mal an, Ihr habt mit einer 0.01 molaren NaOH geabeitet ...
Diese setzt also pro Liter (bei vollständiger Dissotiation, real dissoziiert sie nur zu etwa 77%) 0.01 mol OH- frei. Dies entspricht einem pOH von 2 ... nach pH + pOH = 14 wäre das ein pH von 12 ... Mehr ist mit 0.01molarer NaOH einfach nicht zu machen ... mit 0.1molarer köme man hingegen schon auf pH 13 ...

Verfasst: 18.01. 2006 16:11
von shorty
Erst einmal ein herzliches Dankeschön für die Antwort.
Ich hab mir mal den Link zu den Hydriden angeschaut und nichts verstanden um genau zu sein. Könnt ihr mir noch kurz erklären, was Amide und Hydride sind? In welchem pH-Berich liegen die oben genannten Basen bei einer 0,1 molaren Konzentration ungefähr?

Re: Gibt es stärkere Basen als Natronlauge?

Verfasst: 18.01. 2006 16:24
von Equilibrium
AV hat geschrieben:Dann käme da noch die grosse Gruppe der Amide
Wobei natürlich dehydrierte Umgebungen in Proteinen das Ganze noch verstärken.

Verfasst: 18.01. 2006 19:17
von AV
Was Amide und Hydride sind steht ja schon oben ...
Was z.B. bei Amiden passiert ist folgendes:
NH2- + H2O --> NH3 + OH-

Es entsteht also schonmal pro Amid in wässriger Lösung ein Hydroxid. Und als Nebeneffekt noch Ammoniak, was ja selber eine Base ist:
NH3 + H2O --> NH4+ + OH-

Verfasst: 18.01. 2006 21:11
von shorty
Ich hab im Internet recherchiert und bin dabei auf Superbasen gestoßen. Wenn ich das richtig verstanden hab, sind diese um einiges stärker als herkömliche Basen. D.h. wenn man eine Natronlaugelösung hat und da ne Superbase reinkippt, so reagiert Natronlauge bei dieser Reaktion sauer, weil die Base eben stärker ist. Superbasen in Wasser erscheinen wohl ziemlich sinnfrei, weil die pH-Skala nur bis 14 geht und diese Basen stärker als OH- sind. Korrigiert mich bitte wenn das falsch ist. Danke

Verfasst: 18.01. 2006 21:18
von alpha
Hmm, seid ihr sicher, dass es an der fehlenden Basenstärke liegt? - Ich habe immer gelernt, es liege an der Basizität von PO43-, welches in wässriger Lösung einfach ziemlich ähnlich basisch ist, wie alle die schönen Hydroxide. Und in wässriger Lösung gibt es bekanntlich nichts basischeres als das Hydroxyd, soviel ich weiss?! - Denn: n-BuLi ist ja ganz schön basich, aber wenn du es ins Wassr schmeisst, dann ist es auch nimmer basicher als NaOH oder sowas (ausser vom Dissoziationsgrad her natürlich!) - Und NaH zu empfehlen finde ich ganz lustig für wässrige Medien *blubber* und schöne Dinge wie LDA sind doch auch nur Verschwendung für Titration von H3PO4?!

Korrigiert mich, falls ich mich täusche...


Grüsse

alpha

Verfasst: 18.01. 2006 22:18
von AV
Es ging ja auch nicht darum, solche Basen zu empfehlen, sondern um die Tatsache, dass es stärkere Basen als NaOH gibt ... im Übrigen: Was das BuLi betrifft: Was ist wohl der Effekt, wenn die Dissotiation (oder in diesem Falle eher die Rekombination ;-) ) höher ist? Richtig: genau das ist es, was eine stärkere Säure ausmacht ...
Und da sind Hydride oder organische Anionenbasen nunmal deutlich stärker, als normale Metallhydroxide ... eben wegen der höheren resultierenden Hydroxid-Konzentration ;-)

@shorty:
Sinnfrei ist das nicht! Nur weil die pH-Skala herkömmlich bis 14 geht, heisst das nicht, dass es keinen höheren pH geben kann, genauso wie einen pH unter 0 ... nur die Summe von pH und pOH ist halt immer 14 ;-)

Verfasst: 18.01. 2006 22:44
von alpha
AV hat geschrieben:Übrigen: Was das BuLi betrifft: Was ist wohl der Effekt, wenn die Dissotiation (oder in diesem Falle eher die Rekombination ;-) ) höher ist? Richtig: genau das ist es, was eine stärkere Base ausmacht ...
Da hast du einen Punkt... :oops:

ABER: Das BuLi "rekombiniert" zwar ziemlich vollständig, jedoch nachdem es reagiert hat, sind im Wasser (und wir sprechen hier ja schon von Wasser, denn sonst bin ich natürlich völlig einverstanden, dass BuLi eine viel stärkere Base ist) genau die gleichen Li+ und OH- Ionen vorhanden, wie wenn ich LiOH gelöst hätte, folglich müsste eine 1 molale LiOH - Lösung auch gleich basisch sein, wie eine 1 molale BuLi - Wasserlösung. Wenn nicht, wo liegt der Denkfehler?

Grüsse
alpha

Verfasst: 19.01. 2006 11:19
von Q.
eine 1 molale BuLi - Wasserlösung... ääähm... also die würde sich vor allem durch Brandschäden im Labor bemerkbar machen.
Betrachten wir eine Base mal schlicht als Protonenfänger, kann man beim BuLi folgendes sehen: Die Butylgruppe schnappt sich das nächstsaure Proton, wird dadurch zum Butan und macht sich aus dem Staub, denn Butan ist ja bekanntlich gasförmig.Wo nichts mehr ist, kann auch nichts rückreagieren, das Proton ist also weg für immer. Das und nicht das LiOH macht also die Basenstärke des BuLi aus.

Q.

Verfasst: 19.01. 2006 15:35
von AV
Und selbst wenn wir sagen, das BuLi reagiere mit Wasser ... und es entstünde LiOH (was, wie beschrieben selbst ja schon stärker ist, als NaOH) ...
1: siehe Q. Das Zeug an Sich ist schon die Base.
2: Als Nebenprodukt entsteht bei Reaktion mit Wasser eine weitere ...

ergo ist das Zeug sogar in doppeltem Sinne stärker ... abgesehen davon, dass wohl niemand so verrückt wäre, BuLi in Wasser zu verwenden ;-)

Verfasst: 19.01. 2006 20:34
von alpha
AV hat geschrieben: ergo ist das Zeug sogar in doppeltem Sinne stärker ... abgesehen davon, dass wohl niemand so verrückt wäre, BuLi in Wasser zu verwenden
Dass niemand BuLi in Wasser gibt, ist mir ziemlich klar und dass LiOH die stärkere Base ist, damit kann ich gut leben, aber was den Rest anbelangt, stehe ich, um ehrlich zu sein, auf dem Schlauch!

theoretischer (weil niemand BuLi ins Wasser gibt) Vergleich:

1 mol LiOH in 1 kg Wasser --> 1 mol Li+, 1 mol OH- in Lösung, bzw. ein bestimmter Anteil ist nicht vollständig dissoziiert, bzw. die Aktivität ist durch die hohe Ionenkonzentration abgeschwächt.

1 mol BuLi in 1 kg Wasser --> 1 mol Butan (blubbert raus), 1 mol Li+, 1 mol OH- (1 mol H2O wird von 1 mol BuLi deprotoniert). Die Aktivität von OH- sollte doch nun genau gliche durch Li+ eingeschränkt werden - oder wo liegt mein Denkfehler? - Ich sehe keine "doppelte" Wirkung?!

Wäre nett von euch, wenn ihr mir armen Ignoranten zeigen könntet, wo der Unterschied zwischen den beiden Fällen liegt.


Grüsse
alpha

Verfasst: 20.01. 2006 00:33
von AV
Damit das Butyl als Butan rausblubbern kann muss es doch erstmal ein Proton einfangen, was genau das ist, was es als Base zu tun hat ...

BuLi + HA --> BuH + Li+ + A-

A ist hierbei natürlich eine beliebige Säure ... ;-)

Verfasst: 20.01. 2006 13:39
von Cabrinha
Ach shorty..... zum thema Superbasen: Es gibt da eine mischung die sich "Lochmann-Schlosser-Base" nennt.... Es handelt sich dabei um ein Gemisch aus Kalium-tert-butanolat und n-Butyl-lithium.

Dabei kommt es zu einem Austausch der "Metalle", weil aufgrund des HSAB-Prinzips der Sauerstoff hart ist und Lithium aufgrund seiner geringeren Größe härter ist als Kalium. Es entsteht also n-Butylkalium, wobei der Kohlenstoff aufgrund des elektropositiven Kaliums noch stärker polarisiert ist als beim Lithiumanalogon. Mit dieser BAse kannst Du z.B. auch einen Benzolring deprotonieren! 8)

Cabrinha

Verfasst: 20.01. 2006 19:23
von shorty
Oha is ganz schön hart zu verstehen. Egal mein Vortrag war "sehr aufschlussreich und gut für Schüler geeignet, obwohl die Thematik von höchstem Akademischen Interresse war". D.h. 12P+ für diesen Vortrag. JUHU ich bedanke mich bei allen sehr und hab nun noch weitere Gründe für ein Chemiestudium gefunden, nachdem es schon mit MWG, Löslichkeitsgleichgewichten, pH-Werten, Titrationskurven u.s.w. schon fast langweilig wurde. THX @ all
Shorty